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Die Rättin - Gespräch mit Günter Grass über seinen Roman
Zunächst Lesung des Anfangs von "Die Rättin" bis "…die Ratte süß" Horst Tim Lehner begrüßt die Teilnehmenden Grass und Arnold; Lehner erinnert sich an ein Gespräch mit Grass 1980; Arnold: die "Rättin" als ein "Pandämonium der Moderne" und Verbindung unterschiedlicher Erzählhaltungen der Moderne; "widerständiges Erzählen"; Lehner: fehlende Gattungsbezeichnung; Frage an Grass, warum er die Gattungsbezeichnung weggelassen hat; Grass: hat "törichterweise" bereits unter den "Butt" die Bezeichung "Roman" gesetzt; "Roman" kommt Grass unzutreffend vor; vielleicht falle den Germanisten etwas dazu ein; Gedichte im Buch mit einer "neuen Funktion"; im Grunde zwei Erzählhaltungen "um die Wette aber auch um Leben und Tod"; Erläuterung der Erzählthaltungen (Rättin aus posthumaner Zeit vs. Menschlicher Erzähler); Erzählhaltungen nähern sich im Verlauf aneinander an; am Schluss eröffnet sich: die Ratten erträumen die Menschen, nicht umgekehrt; Lehner: Wechsel der Erzählhaltungen kaum bemerkbar; radikale Verbindung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft (Vergegenkunft); Grass: hat nach 3jähriger Schreibpause eine "neue Möglichkeit, an unsere komplexen Wirklichkeiten heranzukommen" gefunden; es gäbe "Wirklichkeit" nur noch im Plural und dies verlange neue Formen des Schreibens; neue Zeitbegriffe; Zukunft: der atomare Winter ist unumstritten; Prozess der Selbstvernichung habe bereits begonnen: Umweltkatastrophen, zunehmendes Elend; Arnold: "Medienmächte" Grass: "die Nachrichten löschen einander" und täuschen vor, dass die Menschen gut informiert sind; alte Figuren in der "Rättin", die wieder aufgenommen und weiterentwickelt werden: Oskar Matzerath als 60jähriger Videoproduzent, da er immer ein Medium gebraucht hat; vorweggenommene Zukunft des Videos; Medienwirklichkeiten können heutzutage nicht mehr von anderen Wirklichkeiten abgegrenz werden; beim Buch hingegen muss der Leser mitarbeiten; Lehner: sekundäre Wirklichkeiten (z.B. Zeitschriften über "Dallas" und "Denver"); in der "Rättin": Kulisse des Märchenwaldes; Grass: Kulisse wird als Wirklichkeit wahrgenommen; Zusammenwirken von Publikum und Machern; Radikalität der Kinder bringt Kulisse zum Einsturz; Arnold: Fälscher-Geschichte in der "Rättin" (Malskat) Grass: Oskar war urprünglich nicht geplant, doch "er schaute mir über die Schulter und meldete sich an"; Oskar fühlt sich Malskat verwandt; Malskat gehört zu den "ehrlichen Fälschern"; Fälschertriumvirat: Adenauer, Ulbricht, Malskat; Fälschungen der 50er sind noch in den 80ern spürbar; Lehner: Darstellung von Erschreckendem und Katastrophalem durch eine sehr virtuose Sprache, Gespräch bricht kurz ab, setzt aber bei gleicher Thematik wieder ein Lehner: Antagonismus zwischen Darstellung von Katastrophalem und virtuoser Sprache; Grass: Endzeitstimmung der letzten Jahre ist oft "weinerlich"; dagegen will Grass anschreiben und bestimmte künstlerische Mittel einsetzen; Humor als genauster Ausdruck der Verzweiflung; Ironie schafft Distanz zu den Gegenständen; Nennung von Dürrenmatt und Jean Paul; Verkennung der Ironie, z.B. auch bei Thomas Mann; Arnold: bislang keinen Widerstandshaltung in der Sprache; bei Grass: Sprachlust am Untergang; Grass: Apokalypse des Johannes auf Patmos ist fabelhaft geschrieben; heutige Apokalypse ist allerdings "alles Menschenwerk"; Entmündigung des Menschen durch die Technik, die als Forschritt gepriesen wird, insbesondere durch Computer; Sprache und Ausdruck werden zunehmend von der Literaturkritik verkannt; derzeitige Literaturkritik ist eine neue Form der Kritik, die "miserabel" ist. Lehner: Schlusswort.
Veröffentlichung von "Die Rättin"
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Heinz-Ludwig Arnold und Horst Tim Lehner im Gespräch mit Günter Grass. unbekannt .
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